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Bundesliga: Toni Polster über Borussia Mönchengladbach, Hütter, Eberl und Baumgart

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Bundesliga: Toni Polster über Borussia Mönchengladbach, Hütter, Eberl und Baumgart

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Polster: „Dann steigt Gladbach ab!“

Borussia Mönchengladbach steckt knöcheltief im Morast fest. Auch Sportvorstand Max Eberl gerät plötzlich in die Kritik. Bei SPORT1 spricht der frühere Borusse Toni Polster Klartext und schaut auch auf seinen anderen Ex-Klub.

© SPORT1-Grafik: Marc Tirl/Imago
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Die Vorzeichen haben sich gedreht. Borussia Mönchengladbach belegt Platz zwölf und findet sich bei nur vier Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz überraschend im Abstiegskampf wieder, während der 1. FC Köln auf Rang neun im Mittelfeld rangiert. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)

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Toni Polster spielte in seiner aktiven Zeit für beide Vereine. Die Unruhe in Gladbach ist spürbar und der Druck auf Trainer Adi Hütter, mit dem Polster von 1994 bis 1997 in der österreichischen Nationalmannschaft zusammenspielte, hat längst zugenommen. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)

Im SPORT1-Interview spricht Polster über Hütter, die taumelnden Gladbacher und deren Sportvorstand Max Eberl. Außerdem lobt der 57-Jährige FC-Trainer Steffen Baumgart.

SPORT1: Herr Polster, nur Platz 12, unter anderem gab es ein 0:6 zu Hause gegen den SC Freiburg. Am Mittwoch flogen die Fohlen mit 0:3 gegen Hannover 96 aus dem DFB-Pokal. Was sagen Sie zur bisherigen Chaos-Saison von Borussia Mönchengladbach?

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Toni Polster: Bei Borussia ist in dieser Saison der Wurm drin. Es gibt noch keine Harmonie zwischen dem Trainer, seinem System und dem Team. Ich weiß, dass Adi Hütter ein fantastischer Trainer ist. Die Borussia spielt sehr unkonstant. Ein Grund dafür ist aus meiner Sicht das System. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

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SPORT1: Können Sie das konkreter ausführen?

Polster: Die Dreierkette ist nicht ideal. Die Mannschaft bekommt zu viele Gegentore. Sie kann gar nicht so viele schießen, wie sie bekommt. Der Auftritt im Pokal in Hannover war eine Katastrophe. Das war blamabel. Da hat der Verein eine Riesenchance vergeben.

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Adi Hütter steht in Gladbach unter Beschuss
Adi Hütter steht in Gladbach unter Beschuss

SPORT1: Verfolgen Sie die Spiele der Borussia noch regelmäßig?

Polster: Absolut. Der deutsche und der englische Fußball sind Pflicht für mich. Ich bin ein Fußball-Junkie und ich sehe mir in der Woche 15 Spiele an, inklusive Zusammenfassungen und Tor-Paraden. Und natürlich schaue ich auf die Vereine, für die ich gespielt habe.

SPORT1: Sie sagten, Hütter sei ein fantastischer Trainer. Ist er in Gladbach nicht schon gescheitert?

Polster: Gescheitert ist Hütter noch nicht, aber viele Niederlagen darf er sich nicht mehr leisten. Er muss ein richtiges System und Kontinuität finden. Es sollte sich allmählich die ideale Elf herauskristallisieren. Davon ist man weit weg. Es wäre gut, wenn man wieder zur Viererkette zurückkehrt. Ich glaube, Adi sieht das und spürt, dass er etwas machen muss. Aber die Spieler sind nicht gefestigt genug.

„Außer Sommer und Lainer performen alle unter ihrem Niveau“

SPORT1: Wird Hütter überschätzt?

Polster: Grundsätzlich soll man einem Trainer nicht zu viel Bedeutung beimessen. Man sollte doch meinen, dass die Spieler so erfahren sind, dass sie jedes System gut spielen können. Aber daran krankt es in Gladbach. Ein Trainer ist auch immer nur so gut wie die Spieler, die er im Kader hat. Außer Yann Sommer und Stefan Lainer performen alle unter ihrem Niveau. Gerade von einem Spieler wie Alassane Pléa muss man mehr erwarten.

SPORT1: Wird Union Berlin ein Endspiel für Hütter?

Polster: Ich denke, ja. Irgendwann ist die Geduld bei den Verantwortlichen zu Ende, dann muss gehandelt werden. Die Enttäuschung bisher ist riesengroß, denn man hatte sich einen Europapokal-Platz ausgerechnet und nun geht es gegen den Abstieg. Wir kennen alle das Geschäft. Wenn sich nicht bald etwas ändert, dann wird Max Eberl (Borussias Sportdirektor, d. Red.) etwas ändern. Auch wenn ich wirklich davon überzeugt bin, dass Adi ein toller Trainer ist.

SPORT1: Woher nehmen Sie diese Überzeugung?

Polster: Ich kenne ihn und weiß, wie er denkt und wie er Fußball spielen lassen möchte. Er hat sehr viel Ahnung von diesem Sport. Adi war schon als Spieler ein bisschen Trainer. Ich habe mit ihm zusammengespielt. Er war sehr akribisch und hat wirklich schon in jungen Jahren wie ein Trainer über den Tellerrand hinweg gesehen. Von daher weiß ich aus Erfahrung, dass er extrem viel Ahnung vom Fußball hat.

SPORT1: Wie nehmen Sie das Umfeld der Borussia wahr? Ist es zu ruhig?

Polster: Die Erwartungshaltung in Gladbach ist nach den vergangenen Jahren schon größer geworden. Man hat das im Verein richtig gut gemacht, da wurde fast alles in die Mannschaft gesteckt. Dazu gibt es ein tolles Trainingsgelände. Auch in dieser Saison hatte man sicher gedacht, dass es vorwärts geht und man unter den ersten Fünf landen kann. Aber dem ist nicht so. Die Bundesliga ist von der Qualität sehr groß, da darf man nicht nachlassen. Und die Spieler bringen ihre Leistung nicht mehr auf dem Niveau, wie es noch in der alten Saison der Fall war.

Max Eberl (r.) wird Borussia Mönchengladbach nach 23 Jahren verlassen
Max Eberl (r.) wird Borussia Mönchengladbach nach 23 Jahren verlassen

SPORT1: Max Eberl hält gerne lange an seinen Trainern fest. Ein Kritikpunkt?

Polster: Das ist doch abhängig von dem Gefühl, das man entwickelt, wenn man wie Max Eberl ganz nah an der Mannschaft dran ist. Dann spürt man schon, ob zwischen dem Team und dem Trainer nichts mehr geht, oder ob das Klima in Ordnung ist. Ich habe das immer sehr positiv gesehen, dass man in Gladbach nicht gleich beim ersten Gegenwind den Trainer geopfert hat. Jetzt bekommt Eberl etwas Gegenwind, doch er wird nicht umfallen.

SPORT1: Kann Gladbach mit dem teuersten Kader der Vereinsgeschichte überhaupt absteigen?

Polster: Wenn die Spieler nicht bald aufwachen, wird es böse enden. Dann steigt Gladbach ab. Es ist schon anderen Vereinen passiert, die nicht damit gerechnet und sich plötzlich in der 2. Liga wieder gefunden haben.

Polster: „Vielleicht hat man auf den falschen Kader gesetzt“

SPORT1: Welche Fehler macht Max Eberl? Sollte er nicht auch mal über eine neue Herausforderung nachdenken?

Polster: Schwer zu sagen, er fühlt sich ja wohl bei der Borussia. Aber er muss sich auch hinterfragen. Vielleicht hat man in dieser Saison auf den falschen Kader gesetzt. Vielleicht ist dieser gar nicht so gut, wie man geglaubt hat. Max wird eines wissen in dieser unschönen Phase: Im Fußball bist du manchmal der Held, manchmal der Depp. Auch hier haben die Leute im Klub sicher ein Gespür, ob Max noch den Biss von früher hat, oder ob er sich abgenutzt hat und ob das Thema auf den Tisch kommen sollte.

SPORT1: Trauen Sie Adi Hütter den Turnaround zu?

Polster: Ja. Aber natürlich müssen er und die Truppe jetzt liefern. Gerade ist diese Ungeduld da und dann bekommen die Spieler keinen geraden Schuss mehr hin, weil sie dauernd an die Tabelle denken. Das ist kein schöner Zustand. Dann kann es schnell weiter nach unten gehen. Jetzt sollten sich alle am Riemen reißen und versuchen, wieder das zu spielen, was sie können. Die Qualität im Kader ist ja da.

SPORT1: Wie eng ist Ihr Verhältnis zu Hütter?

Polster: Wir waren früher sehr eng befreundet, aber aufgrund der Jobs im Ausland haben wir uns leider etwas aus den Augen verloren. Ich habe aber seine Karriere weiter genau verfolgt. Wir haben in der Nationalmannschaft und bei Austria Salzburg zusammengespielt, im Jahr 2000 habe ich dann meine Karriere beendet und bin zur Borussia ins Management gewechselt.

Toni Polster (vorne, hinten Sladan Asanin, l. und Michael Klinkert) trug von 1998 bis 2000 das Trikot von Borussia Mönchengladbach
Toni Polster (vorne, hinten Sladan Asanin, l. und Michael Klinkert) trug von 1998 bis 2000 das Trikot von Borussia Mönchengladbach

Polster: „Mein Fehler war, dass...“

SPORT1: Warum hat es bei Ihnen nicht für einen Trainerjob in der Bundesliga gereicht?

Polster: Mein Fehler war, dass ich nach der Karriere nicht direkt den Trainerschein gemacht habe, sondern direkt bei Borussia die Ausbildung im Management abgefangen habe. Ich hatte einen Anschlussvertrag bei Borussia und den Job auf der Geschäftsstelle habe ich sehr gerne begonnen. Das hat mir großen Spaß gemacht. Das waren richtig nette Arbeitskollegen damals und ich konnte viel lernen vom Geschäftsführer Stefan Schippers. Ich möchte diese vier Jahre nach der Karriere nicht missen.

Aber ich bin als Trainer heute am richtigen Fleck, bei der Wiener Viktoria bin ich glücklich. Wir sind mittlerweile in der Regionalliga. Es macht mir riesig Spaß. Die großen Jobs kann man sich nicht immer aussuchen. Ich gebe jeden Tag für meinen Verein das Beste. Und inzwischen habe ich das Thema, als Trainer ins Ausland zu gehen, abgeschlossen.

Der Fluch der Wabe: Trotz der Tore von Toni Polster stieg Köln 1997/98 erstmals aus der Bundesliga ab - ausgerechnet in der Jubiäumssaison
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SPORT1: Lassen Sie uns kurz über Ihren anderen Ex-Verein in Deutschland sprechen. Beim 1. FC Köln, Borussias Erzrivale, ist die Stimmung so gut wie lange nicht mehr. Das Pokal-Aus war bitter im Elfmeterschießen, aber die erfolgreiche Saison hat viel mit Trainer Steffen Baumgart zu tun?

Polster: Es muss alles zusammenpassen. Natürlich hat Baumgart einen großen Anteil am Erfolg und an der positiven Stimmung. Auch die Spieler leisten Großes auf dem Rasen. Dann haben die Kölner das Glück, dass sie mit Anthony Modeste einen Torjäger haben, der regelmäßig trifft. So wie ich früher. (lacht) Das fehlt der Borussia. Mit Modeste können die Kölner nach Europa schielen. Man muss schauen, ob sie in der Rückrunde diese Leistungen bestätigen können. Das Pokal-Aus war extrem bitter.

„Ein leuchtender Punkt in der oft grauen Fußball-Landschaft“

SPORT1: Alle schwärmen von Steffen Baumgart. Sie auch?

Polster: Zwischen uns würde es passen. Ich sehe ihn sehr positiv. Baumgart ist ein leuchtender Punkt in der oft grauen Fußball-Landschaft, in der Trainer leider viele Plattitüden und sinnlose Parolen loslassen. Er ist ein richtig guter Typ. Wenn du gewinnst, ist vieles einfacher, wenn nicht, dann ist auch die Kappe vom Baumgart nicht mehr interessant.

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