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Formel 1, Peter Kohl: Warum Sebastian Vettel von Ferrari oft in der Kritik steht

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Formel 1, Peter Kohl: Warum Sebastian Vettel von Ferrari oft in der Kritik steht

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Darum wird Vettel kritisch gesehen

Sebastian Vettel fliegen selten Sympathien zu, bei der Ferrari-Abschiedstournee gibt es Zoff. SPORT1-Kolumnist Peter Kohl erklärt, warum Vettel oft kritisiert wird.
Sebastian Vettel und Ferrari werden ab kommender Saison getrennte Wege gehen - fast ein wenig zu spät sagt Experte Ralf Bach, der einem verunsicherten Vettel schnellstmöglich zum Wechsel rät.
Peter Kohl
Peter Kohl

Sebastian ist viermaliger Formel-1-Weltmeister, trotzdem wird er oft und hart kritisiert - woran liegt das?

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Man muss klar festhalten, dass seine Fehlerquote in den vergangenen beiden Jahren und zum Auftakt der diesjährigen Saison einfach deutlich angestiegen ist. Die Erwartungen an einen viermaligen Champion sind enorm. Er soll konstant auf höchstem Niveau abliefern. Schwächen werden ihm nicht zugestanden.

Dabei versucht Vettel, seinen eigenen hohen Erwartungen gerecht zu werden, der Titelgewinn mit Ferrari wäre sicher auch für ihn persönlich die Krönung seiner Karriere. Die Roten sind etwas Besonderes, er hat ein sehr hohes Empfinden für die Motorsport-Historie und tut alles dafür, diese Erfolgsstory zu schreiben.

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Schwächelnder Ferrari bringt Vettel in Not

Fairerweise muss man sagen, dass er gegen die Erfolgsmaschine Mercedes in den vergangenen Jahren nie das Material dafür hatte. Je länger die Durststrecke andauert, desto häufiger war Vettel bemüht, aus dem Auto herauszuquetschen, was die launische Rote Diva ihm nicht bieten konnte.

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Aber auch für Vettel gelten die Regeln der Physik, bei allem fahrerischen Können, über das er ohne jeden Zweifel verfügt. Er war und ist ein Ausnahmefahrer! Die Anzahl der Ausritte, Dreher und Crashs nahm trotzdem zu.

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Vettel hat Probleme damit, Niederlagen und eigene Fehler einzugestehen, auch mal "Entschuldigung" zu sagen – die erste Reaktion ist meist eine trotzige, oft auch mit dem Versuch verbunden, die Fehler bei Anderen zu suchen, sie von sich selbst wegzuschieben.

Einsicht und Läuterung kommen oft erst nach einer gewissen Weile, wenn alles mal gesackt ist, wenn überhaupt. Von einem viermaligen Weltmeister erwarten viele mehr Ruhe und Abgeklärtheit, die Nonchalance, über den Dingen zu stehen. Hat er nicht.

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Arroganz kann man Vettel nicht vorwerfen

Harsche Kritik kommt auch von denen, die jahrelang keine Schnitte gegen ihn gesehen haben auf der Rennstrecke. Neid ist immer ein Faktor. Niederlagen bieten die Möglichkeit, das rauszulassen.

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Die Erfolge kamen schnell, Vettel wurde ruckzuck als direkter Nachfolger von Michael Schumacher postuliert, oft mit ihm verglichen. Das Bad in der Menge, das "Geliebt werden" von der breiten Masse - Vettel hat es nie bewusst gesucht, es als "Part of the Game" akzeptiert.

Er lässt keine Autogrammsammler oder Selfie-Sucher arrogant vorbeilaufend stehen, nimmt sich vor allem für die Wünsche der kleinen Fans immer wieder enorm viel Zeit. Viele andere Möchtegern-Stars der Szene könnten sich da eine dicke Scheibe abschneiden. Arroganz kann man ihm wirklich nicht vorwerfen.

Kein Futter für den Boulevard

Vettel hat in jungen Jahren eine Bilderbuch-Karriere hingelegt, gefördert von BMW und Red Bull. Die vielen Siege wurden zur Selbstverständlichkeit. Die breite Öffentlichkeit wollte mehr teilhaben an seinem Leben. Er ist aber keiner für den Roten Teppich, für die Glitzer-Klimper-Bussi-Welt, mit der sich die Formel 1 gerne umgibt.

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Sebastian liebt das Pure Racing, die Rennstrecke ist sein Büro, sein Arbeitsplatz. Vettel in Gucci und Versace? Für den Boulevard ist er ein glatter Ausfall. Der Regenbogenpresse liefert er nicht eine Story.

Sein Privatleben ist tabu! Home-Stories, Glamour-Auftritte mit Familie und Frau bei Galas oder Festspielen, oder Auftritte in Unterhaltungssendungen als Stargast? Gibt es nicht. Für die große Öffentlichkeit ist er als Mensch schwer greifbar – sie kennen den Racer Vettel, sie kennen seine Erfolge. Aber was für ein Mensch sich dahinter verbirgt, dass wissen viele nicht.

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Er ist bodenständig geblieben, trotz allem Erfolg, allem Reichtum, der damit verbunden ist. Ein Familienmensch. Privat-Jet, Helikopter, Yachten, pompöse Villen, eine Garage dickt gefüllt mit Supersportwagen der teuersten Gattung? Bilder davon wird man bei Vettel nie sehen. Eine üppige Präsenz in den Sozialen Medien, mit täglicher neuer Fütterung, die die Menschen an seinem Leben teilhaben lässt? Gibt es nicht. Für viele enttäuschend.

Damit ist er der genaue Gegenentwurf zu Lewis Hamilton. Beide respektieren sich auf der Rennstrecke, haben Achtung voreinander ob der sportlichen Leistungen.

Bleibt der Erfolg aus, wird draufgedroschen

Jetzt, wo der Erfolg ausbleibt, tun sich viele schwer, mit Vettel mitzufiebern. Deutschland hebt erfolgreiche Sportler gerne in den Himmel - bleibt der Erfolg aus, wird draufgedroschen. Außer, es handelt sich um einen Helden, mit dem man sich emotional sehr verbunden fühlt. Wie ein Franz Beckenbauer oder ein Boris Becker, denen man jegliche Art von Fehlern verzeiht. Was lange auch für Jan Ullrich galt.

Die breite Masse konnte sich mit ihnen identifizieren, die Niederlagen im Privat-Leben haben sie menschlicher, greifbarer gemacht. Vettel kehrt selten bis nie sein Inneres nach außen.

Sebastian Vettel und seine Frau Hanna haben drei gemeinsame Kinder
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Vettel ist kein Diplomat. Die Politik, die im Hintergrund das Leben in der Formel 1 beherrscht, ist ihm zuwider. Er will Anderen nicht nach dem Mund reden, um sich Vorteile zu verschaffen. Vettel ist ehrlich, direkt, authentisch. Solange man Erfolg hat, wird das hingenommen. Es ist schwer, öffentlich gegen den Champion zu agieren. Fehlt der Erfolg, gibt es schnell Gegenwind. Das bekommt Sebastian gerade deutlich zu spüren.

Vettel kämpft um Ruf als Siegfahrer

Vettel hat sich lange vor die Scuderia gestellt. Hat seinen Kopf hingehalten, wenn die Truppe mal wieder Mist gebaut hat, die falsche Renntaktik angewendet wurde, Updates keine wirkliche Weiterentwicklung waren.

Jetzt hat Ferrari die Zusammenarbeit ab Saisonende für erledigt erklärt. Man hat dem viermaligen Weltmeister nicht die Chance gegeben, einen eleganten Abgang zu wählen. Das schmerzt. Das Tischtuch ist zerschnitten. Vettel nennt Ferraris Probleme jetzt beim Namen. Viele sagen, öffentliche Kritik am Team stehe ihm nicht zu, das sehe aus wie Nachtreten, er solle sich erstmal um seine eigenen Probleme kümmern und Leistung abliefern.

Vettel kämpft um seinen Ruf als siegfähiger Fahrer und will aufzeigen, dass mit dem Material momentan einfach nicht mehr geht. Schwierig, solange der Teamkollege mit dem gleichen Auto Podiumsplätze einfährt. Auch wenn Charles Lecler beim Auftakt vom Glück des Rennverlaufs bestrahlt wurde wie kein anderer in Spielberg.

Zukunft noch ungeklärt

Wie also geht es weiter mit Vettel nach dieser Saison? Er betont in diesen Tagen immer wieder, wie wichtig es für ihn ist, ein Umfeld zu finden, das passt. Die Fahrerbesetzungen für 2021 sind bei vielen Teams abgeschlossen.

Mercedes und Red Bull wollen an ihren Piloten festhalten, Fernando Alonso kehrt zu Renault zurück. McLaren wird an Norris festhalten und Ricciardo kommt dazu. Welche Tür soll für Vettel da noch aufgehen? Es sieht stark nach Karriere-Pause aus. Eine Rückkehr ist aber immer möglich, wie das Comeback von Alonso zeigt. Auch nach zweijähriger Abstinenz.

Wünschen wir ihm das Beste. Er hat es verdient.

PEDAL TO THE METAL,

Ihr Peter Kohl